9 Prädikatenlogik und Wissensrepräsentation

Die Prädikatenlogik erweitert die Aussagenlogik, indem sie nicht nur feste Wahrheitswerte für Aussagen verwendet, sondern auch Variablen, Quantoren und Relationen einführt. Dadurch wird sie zu einem leistungsfähigeren Instrument zur formalen Wissensrepräsentation in der Künstlichen Intelligenz.

9.1 Grundlagen der Prädikatenlogik

Die Prädikatenlogik, auch Prädikatenlogik erster Stufe (First-Order Logic, FOL) genannt, beschreibt Objekte und deren Beziehungen zueinander. Sie nutzt Terme, Prädikate und Quantoren, um Wissen strukturiert darzustellen.

9.1.1 Elemente der Prädikatenlogik

  1. Konstanten: Stellen spezifische Objekte dar (z. B. Alice, Bob, Paris).
  2. Variablen: Repräsentieren beliebige Objekte (z. B. x, y, z).
  3. Funktionen: Beschreiben Beziehungen zwischen Objekten und liefern ein Objekt als Ergebnis (z. B. Mutter(Alice) = Maria).
  4. Prädikate: Drücken Eigenschaften oder Relationen zwischen Objekten aus (z. B. Mensch(Alice), Größer(Alice, Bob)).
  5. Quantoren:

9.1.2 Beispiele

Die Prädikatenlogik erlaubt die Modellierung allgemeiner Regeln, die für alle Objekte gelten, anstatt nur einzelne Aussagen zu treffen.

9.2 Wissensrepräsentation mit Prädikatenlogik

In der Künstlichen Intelligenz ist die Wissensrepräsentation eine zentrale Aufgabe, um Maschinen mit logischem Denken auszustatten. Prädikatenlogik ermöglicht eine strukturierte, exakte und inferenzfähige Darstellung von Wissen.

9.2.1 Beispiel: Familienbeziehungen

Angenommen, wir möchten ein System mit Wissen über Familienbeziehungen ausstatten. Wir können folgende Prädikate definieren:

Nun können wir Regeln formulieren:

  1. ∀x∀y Vater(x, y) → Elternteil(x, y)
  2. ∀x∀y Mutter(x, y) → Elternteil(x, y)
  3. ∀x∀y∀z (Elternteil(z, x) ∧ Elternteil(z, y) ∧ x ≠ y) → Geschwister(x, y)

Diese Regeln ermöglichen es dem System, aus vorhandenen Fakten neue Informationen abzuleiten.

9.2.2 Anwendungen der Prädikatenlogik

Die Prädikatenlogik wird in vielen Bereichen der Künstlichen Intelligenz eingesetzt:

9.3 Herausforderungen der Prädikatenlogik

Trotz ihrer Mächtigkeit stößt die Prädikatenlogik in der Praxis auf einige Herausforderungen:

  1. Komplexität: Die Berechnung logischer Schlussfolgerungen kann bei großen Wissensbasen sehr aufwendig sein.
  2. Unvollständige Informationen: Viele reale Szenarien enthalten unvollständige oder unsichere Daten, die klassische Prädikatenlogik nicht gut handhaben kann.
  3. Wissensakquisition: Die manuelle Erstellung einer umfassenden Wissensbasis erfordert erhebliche Anstrengungen.